Tuesday, July 8, 2025

Effiziente CAD-CAM-Schnittstellen im Maschinenbau: So gelingt der Übergang zur additiven Fertigung

 Im Zeitalter der Digitalisierung stehen Fertigungsunternehmen vor einer neuen Herausforderung: Die Integration von 3D-Druckprozessen in bestehende CAD- und CAM-Strukturen. Während klassische Fertigungsverfahren seit Jahrzehnten optimal mit CAD- und CAM-Systemen verzahnt sind, stellt die additive Fertigung besondere Anforderungen an die Datenaufbereitung, Geometrieoptimierung und Prozesskette. Dieser Beitrag beleuchtet, wie moderne CAD-CAM-Schnittstellen die Effizienz, Reproduzierbarkeit und Qualität im Maschinenbau durchgängig sichern – auch beim Übergang zur additiven Fertigung.

Was bedeutet CAD-CAM im Kontext des 3D-Drucks?

CAD (Computer-Aided Design) steht für die digitale Konstruktion von Bauteilen, CAM (Computer-Aided Manufacturing) für deren Fertigungsplanung. In klassischen Produktionsprozessen ist der Übergang von CAD zu CAM durch standardisierte Dateiformate und Prozessketten geregelt.

Beim 3D-Druck ergeben sich jedoch neue Anforderungen:

  • STL-Dateien als intermediäres Format (verlustbehaftet, keine Konstruktionsparameter enthalten)

  • Notwendigkeit für Druckspezifische Ausrichtung, Supportstruktur, Schichtaufbau

  • Material- und Verfahrenstreue Prozessplanung

  • Simulation und Bauteilvorbereitung direkt im CAM-System erforderlich

Der Anspruch ist klar: Die Schnittstelle muss verluste- und fehlerfrei, effizient und versionssicher funktionieren – egal ob gedruckt oder gefräst.

Herausforderungen bei herkömmlichen CAD-CAM-Schnittstellen

Viele klassische Systeme wurden nicht primär für die additive Fertigung entwickelt. Daraus resultieren folgende Probleme:

HerausforderungAuswirkung auf den 3D-Druckprozess
Verlustbehaftete STL-KonvertierungKeine Features, kein Volumenverständnis
Mangelhafte VersionskontrolleInkompatible Versionen in CAM/PLM
Manuelle ProzessvorbereitungZeitaufwand, Fehleranfälligkeit
Keine Additive-spezifischen FunktionenStützstruktur, Bauteilausrichtung fehlen
Schwierige RückverfolgbarkeitQualitätssicherung erschwert

Insbesondere im Maschinenbau mit engen Toleranzen und funktionskritischen Bauteilen kann dies zu erheblichen Qualitäts- und Prozessrisiken führen.

Moderne CAD-Systeme mit AM-Fokus

Heute bieten viele CAD-Tools native Additive-Funktionen, um die Lücke zur CAM-Welt zu schließen:

  • PTC Creo mit Additive Manufacturing Extension

  • Siemens NX AM

  • Autodesk Fusion 360 mit generativem Design + Drucksimulation

  • SolidWorks 3DEXPERIENCE Additive Works

Vorteile:

  • Nahtlose Übertragung von Feature-basierten Modellen direkt an den CAM-Prozess

  • Direktes Einfügen von Stützstrukturen, Orientierungsoptimierung und Drucksimulation

  • Rückführbarkeit von Änderungen zwischen CAD und CAM in Echtzeit

  • Integrierte Topologieoptimierung und Bauraumprüfung

So wird eine durchgängige additive Prozesskette möglich – vom Design bis zur Nachbearbeitung.

Additive CAM-Systeme – mehr als nur Slicer

Moderne CAM-Lösungen sind heute keine bloßen Slicer mehr, sondern integrierte Fertigungsplaner mit Fokus auf Prozesssicherheit und Materialverhalten:

CAM-SystemStärken für additive Fertigung
Materialise MagicsDatenreparatur, Support-Generierung, Build-Optimierung
Siemens NX AMDirekt mit CAD, Simulationsfähig, Multi-Axial Druck
Autodesk NetfabbGitterstrukturen, Supportverwaltung, Maschinenintegration
AMFGWorkflow-Management, Rückverfolgbarkeit, Materialtracking

Diese Tools bieten insbesondere:

  • Automatisierte Bauteilausrichtung und Nesting

  • Simulation thermischer Spannungen und Verzug

  • Supportstrukturgenerierung basierend auf Belastung

  • Buildjob-Planung inklusive Nachbearbeitung

Damit sind additive CAM-Systeme ein entscheidender Baustein auf dem Weg zur skalierbaren Serienfertigung mit 3D-Druck.

CAD-CAM-Integration für hybride Fertigung

Im Maschinenbau gewinnt Hybridfertigung – also Fräsen und Drucken kombiniert – zunehmend an Bedeutung. Hierbei ist eine saubere CAD-CAM-Schnittstelle absolut entscheidend:

  • Bauteil wird teilweise additiv aufgebaut, anschließend zerspant

  • CAM muss sowohl Druckpfade als auch Fräskonturen berücksichtigen

  • Bauteilausrichtung und Spannkonzepte müssen früh berücksichtigt werden

  • Maschinenspezifische Postprozessoren für Hybridmaschinen erforderlich

Ein Beispiel: Ein Werkzeuggrundkörper wird 3D-gedruckt, die Funktionsfläche jedoch gefräst – der digitale Zwilling bildet beides ab und steuert die Maschine effizient durch.

Auch im Zusammenhang mit der Zukunft des 3D-Drucks im Maschinenbau gewinnt diese Verzahnung von additiven und subtraktiven Prozessen strategisch an Bedeutung.

Datenformate für durchgängige Prozesse

Die Wahl des richtigen Austauschformats beeinflusst die Qualität der CAD-CAM-Schnittstelle maßgeblich:

FormatVorteileNachteile
STLWeit verbreitet, einfachKeine Konstruktionsinformationen
3MFEnthält Farben, Materialien, MetadatenNoch nicht überall unterstützt
STEPFeature-basiert, editierbarGroße Dateien, komplex
AMFFür additive Fertigung optimiertGeringe Verbreitung
Nativ (z. B. .prt)Volle Information, parametrischProprietär, nicht immer austauschbar

Die Tendenz geht klar Richtung 3MF und STEP – offen, umfassend und auf additive Prozesse ausgelegt.

Best Practices für Maschinenbauer

Durchgängiger Workflow:

Ein Unternehmen implementiert Siemens NX als einheitliche Plattform für CAD, CAM und additive Fertigung – inklusive Simulation und Postprozessing.

Topologieoptimierung + CAM-Verknüpfung:

In der Konstruktion werden AM-optimierte Strukturen generiert, direkt an Netfabb übergeben und simulationsgestützt gedruckt – inklusive Rückmeldung ins CAD-Modell.

Versionskontrolle & PLM-Integration:

Alle Änderungen im CAD-Modell werden automatisch in der CAM-Umgebung gespiegelt – Fehler durch falsche Versionen werden vermieden.

Fazit

CAD-CAM-Schnittstellen sind die entscheidende Brücke zwischen Design und Produktion – besonders im 3D-Druck. Nur wenn die Übergänge nahtlos funktionieren, können additive Verfahren ihr volles Potenzial im Maschinenbau entfalten. Moderne Softwarelösungen, offene Dateiformate und die Integration in bestehende PLM-Strukturen sorgen dafür, dass Konstruktion, Simulation und Fertigung als durchgängiger, automatisierter Prozess ablaufen. Wer diesen Übergang frühzeitig meistert, profitiert von höherer Produktivität, weniger Fehlern und kürzeren Entwicklungszyklen.

No comments:

Post a Comment

Additive Reparatur im Maschinenbau: 3D-Druck als nachhaltige Lösung für beschädigte Bauteile

 In der industriellen Instandhaltung spielt die Wiederverwendung beschädigter oder verschlissener Komponenten eine zunehmend wichtige Rolle ...