Im Zeitalter der Digitalisierung stehen Fertigungsunternehmen vor einer neuen Herausforderung: Die Integration von 3D-Druckprozessen in bestehende CAD- und CAM-Strukturen. Während klassische Fertigungsverfahren seit Jahrzehnten optimal mit CAD- und CAM-Systemen verzahnt sind, stellt die additive Fertigung besondere Anforderungen an die Datenaufbereitung, Geometrieoptimierung und Prozesskette. Dieser Beitrag beleuchtet, wie moderne CAD-CAM-Schnittstellen die Effizienz, Reproduzierbarkeit und Qualität im Maschinenbau durchgängig sichern – auch beim Übergang zur additiven Fertigung.
Was bedeutet CAD-CAM im Kontext des 3D-Drucks?
CAD (Computer-Aided Design) steht für die digitale Konstruktion von Bauteilen, CAM (Computer-Aided Manufacturing) für deren Fertigungsplanung. In klassischen Produktionsprozessen ist der Übergang von CAD zu CAM durch standardisierte Dateiformate und Prozessketten geregelt.
Beim 3D-Druck ergeben sich jedoch neue Anforderungen:
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STL-Dateien als intermediäres Format (verlustbehaftet, keine Konstruktionsparameter enthalten)
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Notwendigkeit für Druckspezifische Ausrichtung, Supportstruktur, Schichtaufbau
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Material- und Verfahrenstreue Prozessplanung
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Simulation und Bauteilvorbereitung direkt im CAM-System erforderlich
Der Anspruch ist klar: Die Schnittstelle muss verluste- und fehlerfrei, effizient und versionssicher funktionieren – egal ob gedruckt oder gefräst.
Herausforderungen bei herkömmlichen CAD-CAM-Schnittstellen
Viele klassische Systeme wurden nicht primär für die additive Fertigung entwickelt. Daraus resultieren folgende Probleme:
Herausforderung | Auswirkung auf den 3D-Druckprozess |
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Verlustbehaftete STL-Konvertierung | Keine Features, kein Volumenverständnis |
Mangelhafte Versionskontrolle | Inkompatible Versionen in CAM/PLM |
Manuelle Prozessvorbereitung | Zeitaufwand, Fehleranfälligkeit |
Keine Additive-spezifischen Funktionen | Stützstruktur, Bauteilausrichtung fehlen |
Schwierige Rückverfolgbarkeit | Qualitätssicherung erschwert |
Insbesondere im Maschinenbau mit engen Toleranzen und funktionskritischen Bauteilen kann dies zu erheblichen Qualitäts- und Prozessrisiken führen.
Moderne CAD-Systeme mit AM-Fokus
Heute bieten viele CAD-Tools native Additive-Funktionen, um die Lücke zur CAM-Welt zu schließen:
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PTC Creo mit Additive Manufacturing Extension
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Siemens NX AM
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Autodesk Fusion 360 mit generativem Design + Drucksimulation
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SolidWorks 3DEXPERIENCE Additive Works
Vorteile:
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Nahtlose Übertragung von Feature-basierten Modellen direkt an den CAM-Prozess
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Direktes Einfügen von Stützstrukturen, Orientierungsoptimierung und Drucksimulation
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Rückführbarkeit von Änderungen zwischen CAD und CAM in Echtzeit
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Integrierte Topologieoptimierung und Bauraumprüfung
So wird eine durchgängige additive Prozesskette möglich – vom Design bis zur Nachbearbeitung.
Additive CAM-Systeme – mehr als nur Slicer
Moderne CAM-Lösungen sind heute keine bloßen Slicer mehr, sondern integrierte Fertigungsplaner mit Fokus auf Prozesssicherheit und Materialverhalten:
CAM-System | Stärken für additive Fertigung |
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Materialise Magics | Datenreparatur, Support-Generierung, Build-Optimierung |
Siemens NX AM | Direkt mit CAD, Simulationsfähig, Multi-Axial Druck |
Autodesk Netfabb | Gitterstrukturen, Supportverwaltung, Maschinenintegration |
AMFG | Workflow-Management, Rückverfolgbarkeit, Materialtracking |
Diese Tools bieten insbesondere:
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Automatisierte Bauteilausrichtung und Nesting
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Simulation thermischer Spannungen und Verzug
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Supportstrukturgenerierung basierend auf Belastung
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Buildjob-Planung inklusive Nachbearbeitung
Damit sind additive CAM-Systeme ein entscheidender Baustein auf dem Weg zur skalierbaren Serienfertigung mit 3D-Druck.
CAD-CAM-Integration für hybride Fertigung
Im Maschinenbau gewinnt Hybridfertigung – also Fräsen und Drucken kombiniert – zunehmend an Bedeutung. Hierbei ist eine saubere CAD-CAM-Schnittstelle absolut entscheidend:
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Bauteil wird teilweise additiv aufgebaut, anschließend zerspant
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CAM muss sowohl Druckpfade als auch Fräskonturen berücksichtigen
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Bauteilausrichtung und Spannkonzepte müssen früh berücksichtigt werden
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Maschinenspezifische Postprozessoren für Hybridmaschinen erforderlich
Ein Beispiel: Ein Werkzeuggrundkörper wird 3D-gedruckt, die Funktionsfläche jedoch gefräst – der digitale Zwilling bildet beides ab und steuert die Maschine effizient durch.
Auch im Zusammenhang mit der Zukunft des 3D-Drucks im Maschinenbau gewinnt diese Verzahnung von additiven und subtraktiven Prozessen strategisch an Bedeutung.
Datenformate für durchgängige Prozesse
Die Wahl des richtigen Austauschformats beeinflusst die Qualität der CAD-CAM-Schnittstelle maßgeblich:
Format | Vorteile | Nachteile |
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STL | Weit verbreitet, einfach | Keine Konstruktionsinformationen |
3MF | Enthält Farben, Materialien, Metadaten | Noch nicht überall unterstützt |
STEP | Feature-basiert, editierbar | Große Dateien, komplex |
AMF | Für additive Fertigung optimiert | Geringe Verbreitung |
Nativ (z. B. .prt) | Volle Information, parametrisch | Proprietär, nicht immer austauschbar |
Die Tendenz geht klar Richtung 3MF und STEP – offen, umfassend und auf additive Prozesse ausgelegt.
Best Practices für Maschinenbauer
✅ Durchgängiger Workflow:
Ein Unternehmen implementiert Siemens NX als einheitliche Plattform für CAD, CAM und additive Fertigung – inklusive Simulation und Postprozessing.
✅ Topologieoptimierung + CAM-Verknüpfung:
In der Konstruktion werden AM-optimierte Strukturen generiert, direkt an Netfabb übergeben und simulationsgestützt gedruckt – inklusive Rückmeldung ins CAD-Modell.
✅ Versionskontrolle & PLM-Integration:
Alle Änderungen im CAD-Modell werden automatisch in der CAM-Umgebung gespiegelt – Fehler durch falsche Versionen werden vermieden.
Fazit
CAD-CAM-Schnittstellen sind die entscheidende Brücke zwischen Design und Produktion – besonders im 3D-Druck. Nur wenn die Übergänge nahtlos funktionieren, können additive Verfahren ihr volles Potenzial im Maschinenbau entfalten. Moderne Softwarelösungen, offene Dateiformate und die Integration in bestehende PLM-Strukturen sorgen dafür, dass Konstruktion, Simulation und Fertigung als durchgängiger, automatisierter Prozess ablaufen. Wer diesen Übergang frühzeitig meistert, profitiert von höherer Produktivität, weniger Fehlern und kürzeren Entwicklungszyklen.
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