Der 3D-Druck hat sich im Maschinenbau als Schlüsseltechnologie etabliert. Doch mit der zunehmenden Verbreitung additiv gefertigter Bauteile wächst auch der Bedarf an einer lückenlosen Dokumentation. Ob für Qualitätssicherung, Rückverfolgbarkeit, Wartung oder Serienfreigabe – ohne standardisierte und digitale Dokumentation lassen sich 3D-gedruckte Komponenten kaum effizient in bestehende industrielle Prozesse integrieren. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie eine strukturierte Dokumentation additive Bauteile absichert, welche Tools Sie nutzen können und warum dieser Schritt auch im Kontext des 3D-Drucks im Maschinenbau unverzichtbar ist.
Warum ist Dokumentation im 3D-Druck so wichtig?
Im Gegensatz zu klassischen Fertigungsverfahren bringt der 3D-Druck einige dokumentationsrelevante Besonderheiten mit sich:
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Vielfalt an Materialien und Verfahren (FDM, SLS, MJF, SLA, SLM etc.)
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Hohe Designfreiheit, die konventionelle Prüfprozesse herausfordert
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Variabilität im Produktionsprozess (z. B. unterschiedliche Maschinen, Parameter, Nachbearbeitungen)
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Notwendigkeit zur Rückverfolgbarkeit bei sicherheitsrelevanten Bauteilen
Eine lückenlose Dokumentation bietet hier Sicherheit, Transparenz und Basis für eine spätere Serienfreigabe oder Nachproduktion.
Was muss dokumentiert werden?
Eine vollständige Dokumentation umfasst typischerweise folgende Bausteine:
Dokumentationsbereich | Inhalte |
---|---|
CAD-/Konstruktionsdaten | STEP/STL-Dateien, technische Zeichnungen, Versionen |
Druckparameter | Layerhöhe, Füllgrad, Temperatur, Geschwindigkeit etc. |
Materialdaten | Hersteller, Charge, Eigenschaften, Zertifikate |
Maschinenparameter | Gerätetyp, Seriennummer, Kalibrierungen |
Nachbearbeitung | Reinigung, Glättung, Wärmebehandlung, Beschichtung |
Qualitätsprüfung | Messprotokolle, CT-Scans, Prüfberichte |
Freigabestatus | Prototyp / Nullserie / Serienfreigabe |
Je nach Einsatzgebiet sind darüber hinaus auch Risikoanalysen, Testberichte und Einsatzhistorien relevant.
Digitale Tools für die additive Dokumentation
Der Einsatz spezialisierter Softwarelösungen erleichtert die Dokumentation erheblich. Folgende Tools haben sich bewährt:
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PLM-Systeme (z. B. Siemens Teamcenter, PTC Windchill)
Für strukturierte Verwaltung von CAD-Daten, Versionen und Freigabeprozessen. -
MES-Systeme mit Additive-Modul (z. B. 3YOURMIND, Authentise)
Für Prozessüberwachung, Rückverfolgbarkeit und Produktionsdatenlogging. -
QM-Software (z. B. Babtec, IQS)
Für Prüf- und Freigabedokumentation inkl. Anbindung an CAQ-Systeme. -
Spezialisierte Additive Management Tools (z. B. AMFG, Materialise Streamics)
Für vollständige Produktionsdokumentation, Materialverfolgung und Wartungsaufzeichnungen.
Zunehmend setzen Unternehmen auf durchgängige, cloudbasierte Systeme, in denen jeder Fertigungsschritt vom CAD-Modell bis zur Endkontrolle digital abgebildet ist.
Rückverfolgbarkeit sicherstellen
Insbesondere bei sicherheitskritischen oder funktionsrelevanten Bauteilen ist eine lückenlose Rückverfolgbarkeit Pflicht. Dazu zählen:
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Bauteilkennzeichnungen mit Seriennummer, QR-/DataMatrix-Code oder RFID
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Verknüpfung von Material- und Prozessdaten mit dem Bauteil
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Digitale Historie über Druckparameter, Nachbearbeitung und Prüfstatus
Hier spielt der 3D-Druck seine Stärke aus: Daten lassen sich direkt im CAD-Modell hinterlegen oder in die Geometrie integrieren (z. B. Reliefgravur, eingelassene Nummerierung).
Normen & Standards für additive Dokumentation
Für eine rechtssichere und international vergleichbare Dokumentation sollten etablierte Normen berücksichtigt werden:
Norm | Inhalt |
---|---|
DIN EN ISO/ASTM 52900 | Grundlagen & Begriffe der additiven Fertigung |
ISO/ASTM 52901 | Anforderungen an Design und Kommunikation |
DIN SPEC 17071 | Qualitätsmanagement für industrielle AM-Prozesse |
VDI 3405 Blatt 1–5 | Richtlinien für additive Verfahren |
ISO 9001 / 13485 / IATF | Qualitätsmanagementsysteme in regulierten Branchen |
Insbesondere im Bereich Medizintechnik, Luftfahrt und Automobilindustrie ist die Einhaltung dieser Standards Pflicht für Zulieferer.
Best Practices aus der Industrie
✅ Automatisierte Protokollierung:
Ein Maschinenbauunternehmen protokolliert alle relevanten Druckparameter automatisch über ein MES-System – die Daten werden dem Bauteil digital zugeordnet und bei der Serienfreigabe verwendet.
✅ Digitale Werkzeugakte:
Für jedes additiv gefertigte Werkzeug wird eine digitale Akte erstellt: CAD-Modell, Materialdaten, Druckeinstellungen, Qualitätsprüfung und Einsatzzeit werden dort revisionssicher abgelegt.
✅ Integrierte Bauteilkennzeichnung:
Seriennummer und Prüfreferenz werden direkt in die Geometrie des Bauteils integriert – fälschungssicher und eindeutig rückverfolgbar.
Integration in bestehende Prozesse
Damit additive Dokumentation nicht als zusätzlicher Aufwand empfunden wird, muss sie in bestehende Systeme integriert werden:
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Anbindung an bestehende PLM- und ERP-Systeme
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Schnittstellen für automatische Datenübertragung aus Drucksoftware
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Standardisierte Vorlagen für Prüfberichte und Fertigungsfreigaben
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Zentrale Datenbanken für spätere Nachfertigung oder Reklamationsmanagement
Ein durchgängiger Dokumentationsprozess sorgt nicht nur für Rechtssicherheit, sondern steigert auch die Produktqualität und Innovationsgeschwindigkeit.
Zukunft: Digitale Zwillinge & Blockchain
Ein vielversprechender Trend ist die Nutzung von digitalen Zwillingen: Jede physische Komponente besitzt ein digitales Abbild, in dem sämtliche Fertigungs-, Prüf- und Wartungsinformationen enthalten sind. Dies erlaubt eine:
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Predictive Maintenance
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Digitale Rückverfolgung in Echtzeit
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Automatisierte Reklamations- und Gewährleistungsprozesse
Erste Unternehmen erproben sogar Blockchain-Technologien, um die Unveränderlichkeit der Dokumentation zu garantieren – etwa bei sicherheitskritischen Komponenten in der Luftfahrt.
Fazit
Die Dokumentation von 3D-gedruckten Bauteilen ist weit mehr als eine Formalität – sie ist Grundlage für Qualität, Rückverfolgbarkeit und Fertigungssicherheit im Maschinenbau. Durch strukturierte Prozesse, passende Softwarelösungen und die Einhaltung relevanter Normen können Unternehmen additive Fertigung nahtlos in industrielle Standards integrieren. Wer heute digital dokumentiert, profitiert morgen von schnelleren Prozessen, geringeren Kosten und mehr Transparenz über den gesamten Lebenszyklus eines Bauteils hinweg.
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