Werkzeugbau gilt als einer der kostenintensivsten Bereiche in der Fertigung – insbesondere bei kleinen Serien, Produktanläufen oder bei der Individualisierung von Werkzeugen. Klassische Verfahren wie Fräsen, Erodieren oder Gießen sind zeit- und materialaufwendig. Der 3D-Druck ermöglicht hier einen Paradigmenwechsel: Komplexe Geometrien ohne zusätzliche Werkzeugkosten, schnelle Iterationen und geringere Materialverluste senken die Herstellungskosten signifikant. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Unternehmen durch additive Fertigung im Werkzeugbau nachhaltig Kosten reduzieren und gleichzeitig die Time-to-Market verbessern.
Der klassische Werkzeugbau: Zeit- und kostenintensiv
In konventionellen Prozessen entstehen hohe Fixkosten durch:
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Fräs- und Gusswerkzeuge, die speziell für jedes Teil angefertigt werden müssen
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Lange Rüstzeiten und Vorbereitungsaufwand
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Materialverschnitt bei zerspanenden Verfahren
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Limitierte Designfreiheit, da komplexe Formen nur mit hohem Aufwand möglich sind
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Hohe Lagerkosten für selten benötigte Vorrichtungen oder Lehren
Gerade bei Prototypen, Kleinserien oder temporären Hilfswerkzeugen wird der klassische Werkzeugbau schnell zur wirtschaftlichen Belastung.
3D-Druck im Werkzeugbau: Was ist möglich?
Additive Fertigung ermöglicht die Herstellung folgender Werkzeugtypen:
Werkzeugtyp | Beispiele |
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Vorrichtungen & Spannmittel | Fräsaufnahmen, Bohrschablonen, Werkstückhalter |
Prüfmittel & Lehren | Toleranzprüfungen, Passgenauigkeit, Ausrichtung |
Montagehilfen | Positionierhilfen, Schraubführungen, Anschläge |
Formeinsätze | Einsätze für Spritzgusswerkzeuge |
Gießformen & Urmodelle | Silikonformen, Sandformen, Lost-Foam-Modelle |
Durch die gezielte Verwendung von 3D-Druck in diesen Bereichen lassen sich nicht nur Herstellungskosten senken, sondern auch Entwicklungszyklen massiv verkürzen.
Konkrete Kostenvorteile durch additive Fertigung
1. Wegfall von Spezialwerkzeugen
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Kein Fräswerkzeug oder Gussmodell nötig
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Insbesondere bei Kleinserien und Prototypen enormer Spareffekt
2. Reduzierte Fertigungszeiten
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Von CAD zum fertigen Werkzeug in 1–3 Tagen
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Minimiert Stillstandzeiten und Projektverzögerungen
3. Geringerer Materialverbrauch
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Nur das benötigte Volumen wird verarbeitet
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Weniger Abfall = geringere Kosten
4. Designanpassungen ohne Zusatzkosten
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Iterationen schnell und kostengünstig möglich
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Kein Umbau von Vorrichtungen oder Formen erforderlich
5. Digitale Lagerhaltung
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Werkzeuge werden bei Bedarf produziert
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Lagerkosten für selten genutzte Vorrichtungen entfallen
In der Praxis liegen die Einsparpotenziale bei additiv gefertigten Werkzeugen zwischen 30 % und 80 %, abhängig von Komplexität, Stückzahl und Material.
Auch im weiteren Kontext des 3D-Drucks im Maschinenbau spielt die Kostensenkung durch additive Prozesse eine zentrale Rolle.
Materialwahl als Wirtschaftlichkeitsfaktor
Nicht jedes Werkzeug muss aus Metall sein. In vielen Fällen sind Kunststofflösungen nicht nur ausreichend, sondern auch deutlich günstiger und leichter.
Material | Eigenschaften | Anwendungsbereich |
---|---|---|
PETG / PLA / ABS | Kostengünstig, schnell druckbar | Einfache Vorrichtungen, Prototypen |
PA12 / MJF | Hohe Stabilität, gute Maßhaltigkeit | Präzisionswerkzeuge |
CF-verstärkte Kunststoffe | Sehr hohe Steifigkeit | Spann- und Prüfmittel |
TPU | Flexibel, stoßabsorbierend | Schutzabdeckungen, Griffe |
Metall (AlSi10Mg, 316L) | Belastbar, formstabil | Funktionseinsätze, Metallformen |
Die richtige Materialwahl reduziert nicht nur die Druckkosten, sondern beeinflusst auch Langlebigkeit, Wiederverwendbarkeit und Nachbearbeitungsaufwand.
Erfolgsbeispiele aus der Praxis
✅ Prüfaufnahme für Frästeil:
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Klassisch: gefräst aus Aluminium, 5 Tage Lieferzeit, Kosten: 620 €
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3D-gedruckt aus PA12-CF, 1,5 Tage, Kosten: 180 €
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Ersparnis: 70 % bei gleicher Funktionalität
✅ Montagehilfe mit komplexer Geometrie:
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Klassische Herstellung durch Schweißen von 4 Teilen
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3D-Druck als monolithische Struktur aus PETG
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Reduktion der Herstellungskosten um 55 %, Gewicht um 40 %
✅ Spritzgusseinsatz als Rapid Tooling:
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Metallform mit Einsatz aus AlSi10Mg (gedruckt)
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Ideal für Kleinserien bis 200 Teile
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Werkzeugkostenersparnis: über 10.000 € im Vergleich zur Stahlform
Designoptimierung = wirtschaftliche Optimierung
Ein zentraler Vorteil des 3D-Drucks liegt in der Designfreiheit. Durch gezielte Konstruktionsmethoden lassen sich Werkzeuge noch wirtschaftlicher gestalten:
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Topologieoptimierung: Reduktion von Material bei gleichbleibender Stabilität
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Funktionsintegration: Ein Teil statt mehrere Komponenten
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Bionische Strukturen: Material nur dort, wo Kräfte auftreten
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Leichtbau: Weniger Gewicht = weniger Verschleiß & schnelleres Handling
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Additive Features: QR-Codes, Passmarken, Beschriftungen direkt im Druck
So wird nicht nur das Bauteil günstiger, sondern auch seine Nutzung effizienter.
Additive Werkzeugstrategie: Vom Prototyp zur Serie
Viele Unternehmen starten mit 3D-gedruckten Werkzeugen im Prototypenbau – doch immer mehr übertragen das Prinzip auf die Serie:
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Standardisierung von Werkzeugmodulen (z. B. Greiferaufnahmen)
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Modulares Design mit austauschbaren Druckkomponenten
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Digitale Dokumentation und Wiederverwendbarkeit
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Cloud-basierte Werkzeugdatenbanken für Fertigungsplanung
Das Resultat: Eine zukunftssichere, agile Werkzeugstrategie mit nachhaltiger Kostensenkung.
Fazit
Der 3D-Druck eröffnet im Werkzeugbau neue Dimensionen der Wirtschaftlichkeit. Durch die Reduktion von Fertigungszeiten, Materialkosten und Entwicklungsaufwand lassen sich signifikante Einsparungen erzielen – bei gleichzeitiger Steigerung von Flexibilität und Funktionalität. Unternehmen, die additive Fertigung gezielt im Werkzeugbau einsetzen, sichern sich nicht nur Wettbewerbsvorteile, sondern auch eine moderne, skalierbare Fertigungsstrategie für die Zukunft.
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